kontraphon (une petite leçon historique)

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Juli 2005

"Es war einmal... 1999: Steffen und Christian, 13. Klasse, irgendwo im provinziellen Norden der Republik, spielen zusammen mit ihrer besten Freundin Grone in einer dilettantischen Gitarrenrockband namens Tricor. Eine Zeit, in der man noch von "Alternative"-Rock sprechen kann, ohne sich zu schämen, eine Zeit, in der deutschsprachige Popmusik abseits von L'Age D'Or allenfalls auf brieffreundschaftlichen Mixtapes zirkuliert oder im Nachtprogramm der Musikfernsehsender bei so wundervollen Formaten wie Wah² auftaucht.

Die Helden der Stunde heißen Blobkanal, Unser Kleiner Dackel, Aroma Gold oder Camping, und, wenngleich unsere drei Freunde aus ihrer Neigung zur lyrischen Anglophilie keinen Hehl machen, fühlt man sich der hiesigen sogenannten Indieszene ideell zutiefst verbunden.

Hieraus nun entspringt der Wunsch, Teil des Ganzen zu werden, indem man die Aufnahmen der Band unter die Leute bringt. "Was also tun?", ist die Frage, wenn das Songmaterial nicht ausreicht, um live zu spielen, wenn kein Geld da ist, um ins Studio zu gehen, und wenn, bis auf den Hausmeister, der sich um Proberaumeinlass und -rauswurf kümmert, überhaupt nie jemand von Tricor gehört hat...

Die Lösung konnte nur so lauten: Ein Sampler muss her. Eine Compilation, auf der sich zwei, drei Hände voll ästhetisch ähnlich gesinnter Bands versammeln, die alle mindestens zehn gute Freunde haben, die sich ebendiesen Sampler wegen ebendieser Band kaufen und damit auch der Musik von Steffen, Christian und Grone ausgesetzt sein würden.

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Und was blieb den dreien anderes übrig, als sich selbst um das Zustandekommen eines solchen Projektes zu bemühen... Steffen und Christian nehmen sich der Sache an, verteilen auf Konzerten und Festivals papierene Gesuche für einen (so ursprünglich geplanten) "Tape-Sampler", schalten Anzeigen im langsam aber sicher dominierenden Medium Internet, programmieren eine erste Version der (sich noch sehr oft im Layout wandelnden) Homepage und - haben bald Erfolg mit ihrer Idee!

Nicht nur die heißgeliebten Blobkanal und Unser Kleiner Dackel sind von der Aktion überzeugt, auch eine nicht unbeträchtliche Anzahl anderer Musiker aus dem ganzen Land (und darüber hinaus) schicken Kassetten, CDs und Fotos, mit dem sich bald immerhin ein Schuhkarton füllen lässt.

Bald darauf, im Mai 2000, macht man sich ans Werk und beginnt - denn Geld gibt es nunmal kaum - CDs zu brennen und Booklets aus den vom letzten Ersparten erworbenen Druckerzeugnissen zu basteln. Damit ein jeder vom Selbstanspruch der Herzlichkeit und idealistischen Leidenschaft des auf 'Kontraphon' getauften Duos hinter dem Samplerprojekt überzeugt würde, verziert man die 240 fertigen (übrigens 7 DM kostenden) Exemplare der "Musik für Kaffee & Kuchen"-Compilations noch mit Glitzer und Sternchen, und ab geht die Post! Die Post? Ja, denn tatsächlich spricht sich die Sache herum, und schon bald verkauft man voller Erstaunen CDs an Musikliebhaber Nummer 100, 101, 102...

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Und auf einmal ist Tricor fort. Schule fertig, Zivildienst fertig... und auf geht es in die Städte. Kiel, Oldenburg, Hamburg - das kann die junge Band nicht verkraften. Angetan vom Erfolg des Labels (so nennt man Kontraphon inzwischen hinter vorgehaltener Hand), beschließen Steffen und Christian Anfang 2001, die Sache fortzuführen, und eine weitere Sampleraktion auf die Beine zu stellen. Diesmal allerdings um der Sache selbst willen, denn die ursprüngliche Intention um die eigene musikalische Karriere war ja nun hinfällig. Wieder werden Flyer verteilt, Leute angesprochen, Kontakte geknüpft, und noch viel, viel mehr Bewerbungs-Tonträger überschwemmen diesmal die Briefkästen der Jungs. Und wieder ist das Interesse seitens der Hörer an den (von hier an gepressten und nicht mehr gebrannten) CDs erfreulich groß. Nicht ohne Grund, wie die Meinung im Hause Kontraphon einhellig lautet, denn das Line-Up konnte sich sehen lassen und Delbo, Sternbuschweg oder Hidalgo sind nur einige der Bands, die auch unseren beiden Helden über die Monate - inzwischen darf man beinahe Jahre sagen - ans Herz wachsen würden.

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Um sich das Profil eines tatsächlichen Labels zu geben, beschließen Steffen und Christian gegen Mitte 2001, eine "echte Platte" herauszubringen. Mit den Locas in Love, der neuen Band um Unser Kleiner Dackel-Sänger Björn Sonnenberg, hat man auch bald die Chance, die großartige Vinyl-EP "A Robot can Make a Hole in the Ground" zu produzieren, die nicht nur bei der Intro gut ankommt, wo sie zur hellen Freude der Kontraphon-Macher zum monatlichen 'Spektakel' gekürt wird, sondern offenbar auch bei den Hörern. Denn schon nach wenigen Wochen heißt es, beinahe zeitgleich zur zweiten Compilation "Ich träumte von...": Ausverkauft! Das war natürlich erfreulich. Nicht nur aufgrund des finanziellen Erfolges, der den beiden die Möglichkeit gibt, sich an die Vorbereitungen zu Sampler Nummer 3 mit dem Titel "Rhythmus ist Trumpf" zu machen, sondern auch und vor allem, weil nun endgültig klar ist, dass es möglich ist, geleitet von Ideen und Vorstellungen zum integrierten Bestandteil einer großartigen Menge von Menschen zu werden, die imstande ist, mit ihrer Musik Menschen zu bewegen, zu inspirieren und ebensolche Ideen und Träume zu schaffen, die die Grundlage nicht nur für Tricor, sondern auch für alles, was seither rund um Kontraphon geschehen war, ist.

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In der folgenden Zeit nun erscheinen der dritte (2003, mit u.a. Kettcar, Marr, Blobkanal, Tchi, Parole Trixi) und vierte Sampler ("Musik ist anders!", 2004, mit u.a. Tom Liwa, Janka, Zimtfisch, Kajak, Wolke, Anajo, Bum Khun Cha Youth, Roman Fischer, finn...).

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Mit der zwischenzeitlich stark zunehmenden Zahl an "Deutschrock"-Compilations und vor allem wegen der Diskussion um Bezüge zwischen deutscher Sprache in der Musik, Radioquote, Nationalgefühl und anderem Gebahren, die um die mittlerweile sehr starke, etablierte deutschsprachige Popszene stattfindet, beginnt Kontraphon, sich langsam aber sicher vom Schwerpunkt 'Compilations' abzuwenden, um die Veröffentlichungen von Platten einzelner Künstler in den Vordergrund zu rücken.

Damit soll bewusst Distanz geschaffen werden zur selbstgefälligen, patriotisch-dummen NDW-Ideologie (noch neuer, noch deutscher) von Samplern wie "Heimatkult - German Liedgut", "Neudeutsch", "PERFEKTE WELLE - Musik von Hier", "Neue Heimat" "Aufnahmezustand - Neue Deutsche" und ähnlichem Unfug, der vor allem von Major-Labels betrieben wird, auf denen aber auch Bands gefeatured werden, die im Kontraphon-Kontext auftauchen. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Projekt "I can't relax in Deutschland" (icantrelaxin.de) verwiesen, das die neue latent-nationale Strömung in der deutschen Pop-Landschaft unter die Lupe nimmt, analysiert und mit Aktionen und Projekten für Gegenstimmung sorgt.

Zum anderen ist es gerade auch die generelle Überzahl an Samplern, die derzeit auf den Markt geworfen wird, die Kontraphon dazu veranlassen, Abstand zu nehmen von der Planung zukünftiger Sampler-Projekte.

Dieser Tage erscheinen eine grafzahl/tchi-Split-EP und ein Re-Issue der Locas in Love-EP "A Robot can Make a Hole in the Ground".

Alle weiteren Antworten auf brennende Fragen nun in unserer FAQ:


Sollte meine Band mal ein Demo an Kontraphon schicken?

Wir sind immer daran interessiert, neue, gute Bands kennenzulernen und Kontakte zu knüpfen, um dann evtl. zusammenarbeiten zu können. Alle eingehenden Demos werden angehört und gern auch kommentiert. Bitte seid aber nachsichtig, wenn es mal etwas länger dauern sollte. Eingeschickte CDs werden bei Nichtgefallen nicht zurückgesendet! Wir bitten um Verständnis.

Falls ihr lediglich an einer Bewerbung zur Teilnahme auf einem neuen Kontraphonsampler interessiert seid, fragt am besten vorher per Mail nach, für wann und ob überhaupt einer neuer Sampler geplant ist.
Am einfachsten wäre es allerdings, wenn ihr euch einfach in unseren Mail-Verteiler eintragt (gibt es auf der Mainpage), über den ihr rechtzeitig über neue Pläne informiert werdet. Durch den Verteiler werdet ihr weder ständig mit unwichtigen Kleinigkeiten belästig, noch verkaufen wir eure Adressen an Sexpillenhändler auf nicht existierenden Karibik-Inseln.

Momentan konzentrieren wir uns schwerpunktmäßig auf reguläre Veröffentlichungen mit einzelnen Künstlern oder Bands.



Wohin soll ich mein Demo schicken?

siehe kontakt



Welche Musik interessiert euch überhaupt?

Was für uns zählt ist folgendes: Sympathie, Originalität und das gute Gefühl, das sich einstellt, wenn man eure Songs hört... Finden lassen sich diese Dinge sicherlich in jeder Gattung Musik, die man sich so denken kann. Dennoch sind natürlich auch wir nicht ganz frei von den Einflüssen junger Jahre. Darum hier eine kleine Hilfestellung:

Pro: Indie, Gitarre, Songwriter, Elektropop, Country, Postrock/Core/Pop & Co. (Was wir selbst so mögen? Zum Beispiel Marr, Sharon Stoned, St Thomas, Figurines, Modest Mouse, Pavement, Kante, Tomte, Sonic Youth, Arcade Fire, Kings of Convenience, Interpol, Black Rebel Motorcycle Club, Nouvell Vague...)
Kontra: Metal (egal ob Nu/Death/Speed/Black/Whatever), pathetisch-klebriger Alternativerock, Crossover, Radiopop, Hardrock, usw.

Dass Techno, Shantychöre, Störkraft oder Bon Jovi bei uns sowieso keinen Blumentopf gewinnen, versteht sich ja hoffentlich von selbst.

Musik aus dem Punk/Hardcore-Bereich, HipHop und reiner Elektro werden bei uns zwar Gehör und möglicherweise Sympathie finden, dennoch nicht auf unserem Label erscheinen können.



Wann kommt der nächste Sampler?

Da unser Budget immer recht knapp bemessen ist, und wir stets eine ganze Weile sparen müssen, bis wir uns eine neue CD-Produktion leisten können, ist das relativ schwierig zu sagen. Generell gilt: Direkt nachfragen. Und momentan stehen bei uns, wie gesagt, Releases einzelner Bands im Vordergrund.